Irgendwie habe ich einfach keinen Rückenwind…

Sonntags gehe ich immer Laufen, mein kleines Ritual am Nachmittag um entweder meinen Gedanken freien Lauf zu lassen, neue Ideen zu spinnen, eine Blitzidee zu gebären oder um einfach nur für diese kurze Zeit von niemandem gebraucht zu werden. Doch in den letzten Wochen bin ich nicht mehr entspannt dahingetrabt, ich bin gerannt aus Verzweiflung, aus Frust, aus Wut und aus Hilflosigkeit.

Etwas hat sich in den letzten Wochen grundlegend verändert, etwas stimmte nicht mehr, irgendwo hat der Schuh ganz gewaltig gedrückt, doch lange Zeit wusste ich gar nicht warum. Was war es nur gewesen, dass ich so unglücklich war obwohl mein Leben eigentlich im Moment sehr aufregend ist? Hey, wir renovieren gerade ein wunderschönes altes Haus, ich bekomme die Chance alles nach meinen Wünschen gestalten zu dürfen, meine Familie und ich, wir sind gesund, wir führen ein wunderschönes harmonisches Familienleben, jeden Tag nehme ich voller Glück und Freude das Heranwachsen meiner Kinder wahr.
Doch mein Alltag besteht nicht nur aus Familie und den Aufgaben einer Mutter und Hausfrau.
Da gibt es noch meinen Blog und mein Magazin – und beim Gedanken daran, zogen in den letzten Wochen und Monaten große dunkle Wolken auf.

Ich bin eine Vollblut-Grafikerin, ich liebe meinen Job, ich kann ohne ihn nicht leben.
Beruf und Karriere sind für mich wichtig um für mich ganz persönlich eine Balance zu schaffen und zwar zwischen den einfachen und doch herausfordernden Tätigkeiten einer Mutter und Hausfrau und denen einer Business Lady. Ich sehe meine Arbeit nicht als Arbeit, sondern meine tägliche Arbeit ist für mich pures Vergnügen und Leidenschaft. Schon in der Grundschule habe ich für meine Puppen kleine Magazine gebastelt, nach dem Abitur war sofort klar wohin die Reise beruflich hingehen soll und der Traum vom eigenen Magazin hat sich schnell herauskristallisiert.

Nun blogge ich fast zwei Jahre – es war die Idee eines lieben Freundes, der meinte „Mensch, das kannst du super von Zuhause aus machen, das lässt sich mit den Kindern gut vereinbaren und du kannst deine Leidenschaft für schönes Wohnen und Design mit anderen teilen UND wenn alles glatt läuft kannst du damit auch noch ein Geld verdienen.“ Ich habe mir damals ein Konzept für meinen Blog überlegt – meine Erfahrungen und Kompetenzen aus der langjährigen Arbeit im Verlagswesen sollten mit hineinfließen. So habe ich mich gegen ein standardisiertes Layout entschieden, ich wollte die Layout-Möglichkeiten im WordPress bis aufs Letzte ausreizen. Das hieß aber auch, dass das Befüllen meines Blogs sehr zeitintensiv wird. So wurde nach und nach die Arbeit für den Blog immer mehr zu einem Fulltime Job. Seit dem ersten Erscheinen meines Magazins im letzten Jahr hat sich das Arbeitspensum fast verdoppelt bis verdreifacht. Das ist es aber nicht was mich so belastet hat, denn ich liebe es wild und bunt und es kann gar nicht genug um mich herum los sein. Ich vertrete auch die Ansicht, dass man richtig viel arbeiten kann, wenn man seinen Aufgaben gegenüber positiv gestimmt ist. Mit der Zeit kamen dann auch die ersten Kooperationsanfragen. Ich kann mich noch an meine Erste erinnern, ich war richtig stolz und klar war man bereit sich dafür mächtig ins Zeug zu legen. Das Aufbereiten eines attraktiven Inhalts, angefangen mit einer Idee und einem Konzept bis hin zur finalen Umsetzung bedarf allerdings auch seine Zeit, im Schnitt circa 4-5 Stunden. Die Entlohnung dafür? Kleinere Warenwertgutscheine. Ok für den Anfang, aber ganz ehrlich, ich habe auch eine Familie, ich wollte mit meiner Arbeit echtes Geld verdienen um meinem Mann nicht auf immer und ewig auf der Tasche zu liegen. Endlich wieder das EIGENE Geld verdienen, stolz darauf sein zu können um sich und seinen Kindern eine Freude bereiten zu können.

Bis heute habe ich mit seelected keinen einzigen Cent verdient. Warum?

Die Zahlen, die Zahlen, die Zaaaaahhhhhlllennnnnnn!!!!!!!!

„Das ist echt irre schön was Sie da machen, aber puhh, also ihre Reichweite, das ist einfach zu wenig.“ So in etwa hat jedes Gespräch geendet, manchmal mit der Ausrede „Ah, wir haben leider einfach kein Marketingbudget für Blogger und Kooperationen.“ Das soll ich glauben? Nein.

Und nun sind wir beim eigentlichen Thema angelangt – Die Reichweite von Bloggern und Influencern. Kein Thema beschäftigt diese Branche, oder darf man schon Berufssparte sagen, so sehr wie dieses. Das Feld der Blogger ist leider ein sehr undurchsichtiges, immer wieder auch politisch im Einsatz sowie auch gleichzeitig oftmals manipuliert.

Qualität – Authentizität – Identität – Charakter – Leistung
In diesen postfaktischen Zeiten, in den Facebook, Instagram, Fake News und Fake Zahlen oft den Alltag beherrschen, gibt es nichts Schöneres als Identität. Sollte man nicht daran gemessen und bezahlt werden? Für seine Authentizität – ich finde schon.

Ich war auf einem humanistischen Gymnasium in München, ich habe mein Abitur in Altgriechisch gemacht, ich habe das große Latinum und im Zuge dessen habe ich mich mit den Theorien und Weisheiten der Sophisten beschäftigt. Und wisst ihr was? Ich bin so verdammt froh, dass ich die Chance hatte dies alles lernen zu dürfen. Werte zu lernen, die der heutigen Gesellschaft immer mehr abhandenkommen.

Wie sagt Heraklit so schön, sorry, ist zwar echt abgedroschen, aber so wahr: Panta rei! Alles fließt. Und genau das ist bei mir nicht mehr der Fall. Nix läuft wie geschmiert, es ist alles nur noch ein K(r)ampf.

Mein Selbstbewusstsein geht gegen Null, so viel Arbeit und kein Erfolg, das zehrt sehr an der eigenen Wertschätzung. Ich habe auch kein Geld mehr um weiter zu investieren. Mein Kleiderschrank passt mittlerweile in eine Reisetasche, ich habe weder Kohle für Accessoires um sie bei mir zuhause in Szene zu setzen noch für frische Blumen um mein kreatives Händchen zu zeigen. Aus die Maus. Meinen Mann kann ich damit nicht weiter belasten oder anpumpen, schließlich renovieren wir ein Haus, Familie und Alltag benötigen viel Budget.

In den letzten Wochen bin ich stets nach jedem Post auf Instagram und Facebook meinem Handy hinterhergelaufen nur um zu sehen ob es auch immer schön blinkt. Bekomme ich auch ja genug Likes? Bin ich beliebt oder doch nur eine Niete?
Und stellt euch vor. Als sich dann in einer Woche einige Follower von meinem Account abgemeldet haben, war ich so traurig und bestürzt, dass ich mich noch mehr als Versager gefühlt habe. Das ist doch krank! Traurig zu sein wegen Zahlen, wegen Personen, die ich nie kennengelernt habe.
Ab diesem Zeitpunkt habe ich gemerkt – es muss sich etwas ändern. Das kann es nicht sein. Ich kann dem Druck täglich be- oder verurteilt zu werden einfach nicht mehr Stand halten.

Es gab in den letzten zwei Jahren einige liebenswerte Menschen, die an mich und meine Arbeit geglaubt haben. Die versucht haben mir ein bisschen Reichweite von sich rüber zu schieben. Großer Dank geht an dieser Stelle besonders an Steffi Luxat (www.ohhhmhhh.de), die so ziemlich von Anfang an, an mich geglaubt hat, ein großes Dankeschön auch an Anika Pries (www.stilreich-dekoart.blogspot.co.at), die erst in den letzten Tagen einen Herzensaufruf für meinen Blog gestartet hat, danke an Patrizia Furrer (www.lilaliv.ch) und Claudetta Böttcher (www.doitbutdoitnow.blogspot.co.at) und an alle Beteiligten der letzten Ausgaben meines Magazins. Ein paar von ihren Followern haben zu mir gefunden, doch am Ende des Tages leider viel zu wenig. Mit einer Leserschaft von etwas mehr als 2.000 Followern (ehrlich erwirtschaftet) im Monat kann ich einfach nur einpacken.

Eines muss an dieser Stelle auch festgehalten werden. Reichweiten und Leser lassen sich nicht von A nach B transferieren. Jeder muss sich seine Schäfchen selbst heranzüchten und sich selbst um sie kümmern. Das sollten die Firmen endlich kapieren. Reichweite und Leser lassen sich nicht kaufen.

Ich habe mich immer besonders zwischen dem Cover und der letzten Seite meines Magazins wohlgefühlt. Das Erstellen meines Magazins hat mir nicht nur Halt im Leben gegeben, wenn ich mal wieder durch kleine gesundheitliche Turbulenzen musste, es hat meinen Alltag auch mit sehr viel Freude, Spaß und tollen Erlebnissen bereichert.

Ein Lied begleitete mich in den letzten Wochen – „Dieser Weg“ von Xavier Naidoo.

Dieser Weg wird kein leichter sein.
Dieser Weg wird steinig und schwer.
Nicht mit vielen wirst du dir einig sein.
Doch dieses Leben bietet so viel mehr.

Manche treten dich.
Manche lieben dich.
Manche geben sich für dich auf.
Manche segnen dich.
Setz dein Segel nicht,
Wenn der Wind das Meer aufbraust.

Ich hätte zu gern meine Segel gesetzt um irgendwann in den Hafen des beruflichen Erfolgs einlaufen zu können. Doch irgendwie habe ich einfach keinen Rückenwind.

seelected wird eine Pause auf unbestimmte Zeit machen so lange bis sich etwas grundlegend geändert hat. Ich kann erst dann wieder auf diese Bühne treten, wenn es ein faires und attraktives Angebot aus der Wirtschaft gibt, von Leuten, die an mich glauben und die mit mir auf faire Art und Weise zusammenarbeiten möchten.

Ich möchte meinen Traum nicht aufgeben müssen.

Loslassen.

Eure Stephanie


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