KOLUMNE

Mein Bericht über das Leben als Blogger
Ein neuer Trend(Traum)beruf oder nur ein Hobby der Kreativen?

seelected wird nächste Woche ein Jahr alt und aus diesem Anlass heraus möchte ich mein erstes Jahr als Bloggerin Revue passieren lassen, meine Erfahrungen und Enttäuschungen mit euch teilen. Wer glaubt, dass man als Blogger auf einem rosa Wattebäuschchen sitzt, einem die Geschenke von den Firmen in den Schoß fallen und die Reichweite von allein in die Sphären schießt, der hat sich mal gewaltig getäuscht.

Als die Zeit gekommen war wieder über das Arbeiten nachzudenken, weil der Nachwuchs aus dem Gröbsten draußen ist, war ich fest davon überzeugt ein kleines, feines Kindergeschäft im Herzen von Salzburg eröffnen zu wollen. Seit der Geburt meiner ersten Tochter habe ich über Jahre hinweg den sich stetig wachsenden Markt für Kinderartikel, Mode, Accessoires und Möbel intensiv beobachtet und man kann schon fast sagen, in und auswendig gelernt. Doch wie sich nach längerer Recherche herausgestellt hat, ist und bleibt Salzburg ein schwieriges Pflaster für neue Geschäftsideen, zu viele habe es bereits versucht und sind daran gescheitert. Um nicht ein kleines vermögen auf den Putz zu hauen, habe ich völlig am Boden zerstört diesen Traum des eigenen Geschäftes aufgegeben. Von Freunden kam die Idee „Na, starte doch erst einmal mit einem Blog. Das ist nicht so aufwendig und kostet auch nicht viel!“ Eine ganze Weile habe ich mich gegen diese Idee gesträubt, wer mich kennt weiß wie stur ich sein kann, bis dann irgendwann doch die Einsicht kam, diesen für mich völlig neuen Weg einzuschlagen. Warum auch nicht? Das sollte sich doch mit den Kindern gut vereinbaren lassen, oder?

Da war sie nun – die Idee des eigenen Blogs. Was ist ein Blog überhaupt?
Oh Gott, ich habe absolut keine Ahnung!

Völliges Neuland, keine Ahnung von Social Media, ständig die Gedanken im Kopf, was muss/kann ich anders machen als die anderen Blogger um den für mich am besten geeignetsten Auftritt hinzubekommen. Wie kann ich meine langjährige Erfahrung aus dem Verlagswesen am besten einfließen lassen und wie kann ich meine Liebe fürs Layouten in ein Webdesign einbauen? Und wie funktioniert das Bloggen überhaupt?
Schritt für Schritt habe ich mir das nötige Wissen angeeignet, den passenden Namen und Auftritt erarbeitet und – ehrlich gesagt – ich fand es großartig so mitten im Leben nochmals die Chance bekommen zu haben, etwas völlig Neues erlernen und starten zu dürfen. Das Gefühl zu haben, nach der Karenzzeit nicht irgendwo stecken geblieben zu sein, sondern mit dem Puls der Zeit mitgehen zu können.

Die ersten Stunden nach dem langersehnten „Go Live“ waren unglaublich aufregend, wie werden Freunde und Bekannte wohl auf den Auftritt von seelected reagieren, werde ich Anerkennung bekommen oder einfach nur belächelt werden?
Die ersten Blogposts haben jedes Mal mein Herz zum Stillstand gebracht, viele, viele Fehler sind in der Kommunikation passiert, einfach aus dem Grund, weil ich schon zu alt bin um ein Member der Generation „Social Media“ zu sein. Keine 16 und keine Ahnung wie man mit dieser Art der Kommunikation umgeht und was alles möglich ist. Bis heute bin ich noch nicht ganz in diese Kinderschuhe hineingewachsen und das führt sicherlich dazu, dass ich viel Reichweite irgendwo im Nirvana liegen lasse.

Und da ist es nun – das große mächtige Wort – DIE REICHWEITE.
Für uns Blogger so was wie eine Währung.

Ohne eine große Reichweite in diesem Business geht gar nichts. Egal wo man seine Fühler ausstreckt um entweder neuen Content zu generieren oder mögliche Kooperationen anzufragen, ohne das Bekanntgeben der Leserzahlen geht nix. Und bitte, es sollten am besten mehrere tausend sein! Ok! Und das rasch! Tja, wie stelle ich das jetzt an?
Die super gehypten Zeiten sind längst vorbei als die ersten Blogs circa 2006 auf dem Schirm aufgetaucht sind, alles völlig neu und mega spannend. Das große Wow und Ohh ist verstummt und die wunderbar schillernde Seifenblase des sich Präsentieren und Erzählen privater Geschichten und Vorlieben in der Onlinewelt längst zerplatzt.
Mittlerweile gibt es Blogs, egal in welchem Themenumfeld, wie Sand am Meer, wie kleine Schwammerl sprießen sie aus dem Boden und jeder glaubt seine kreative Seite öffentlich zeigen zu müssen. Eine völlig neue Dynamik ist entstanden, das „www“ wird nicht nur verwendet um das eigene Wissen zu erweitern, sondern man kann fast schon sagen, dass ein eigenständiges Leben und Kommunizieren in dieser nicht greifbaren Welt stattgefunden hat. Viele neue Berufe sind daraus entstanden, etwa der des „Social Media Managers“, ja ganze Agenturen machen den lieben langen Tag nichts anderes als sich um die Reichweite des Bloggers (der ganz Großen)/Firmen zu kümmern, sich hübsche attraktive Stories für den Leser und Konsumenten auszudenken. Es ist möglich geworden jeden Tag mit einer Dosis Privatleben, kreativer Ideen und einer extra Portion Unterhaltung gefüttert zu werden.
Da stellt sich mir doch die Frage „Braucht man das? Diese Flut an Informationen? Täglich und sogar mehrfach am Tag! Ist das nicht alles viel zu viel in unserer ohnehin schon schnelllebigen Zeit?“ Ich bekomme ja oftmals nicht einmal mehr eine Antwort auf meine Mails, die ich höflich schreibe, wenn ich um Unterstützung für mein Magazin bitte. Ist mein Mail irgendwo im ‚Informationskuddelmuddel‘ untergegangen oder gibt es vielleicht doch so etwas wie einen Konkurrenzkampf zwischen den weiblichen Bloggern? Wer ist die Schönste und Beste im ganzen Land?

Bei mir regeln die Kinder und ihre Ansprüche an mich als Mutter und an das Familienleben meine Blogger-Präsenz ganz alleine und das ist gut so. Ich möchte weder überpräsent sein noch nerven, nein, ich möchte meine Leser immer wieder aufs Neue inspirieren. Mal mehr mal weniger in der Woche, so wie es sich halt gerade ausgeht. Das hört sich jetzt so entspannt an, ist es aber leider nicht. Irgendwie sitzt dann doch immer ein kleiner Quälgeist im Nacken, der einen ständig daran erinnert wieder was erzählen zu müssen oder ist es nur der eigene verflixte Ehrgeiz?

Nächste Frage: „Sag, wie kann man denn vom Bloggen leben? Kann man damit Geld verdienen?“

Gute Frage. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mein Blog bis dato für mich ausschließlich so etwas wie eine Visitenkarte ist, mein persönliches Aushängeschild. Doch Geld werde ich damit nicht verdienen. Die Aufträge und die damit verbundene Monetarisierung, die müssen aus der Wirtschaft kommen. Dabei handelt es sich um Stylingjobs, Kooperationen mit Verlagen bis hin zur Markenbotschafterin für Firmen – das alles und viel mehr ist möglich. Doch entdeckt wird man über seinen Blog, hoffentlich! Die Firmen haben das längst erkannt ihr Personal auch auf diesem Wege zu suchen. Das Bewerbungsschreiben kann man sich also sparen.
Viele Firmen winken mit Kooperationsanfragen, Geschenken und Verlosungsartikeln aus ihrem Sortiment. Am Anfang macht das noch Spaß, aber mal ganz ehrlich, mit der Zeit ist das einfach nicht mehr attraktiv. Ich möchte nicht undankbar sein, aber unser Zuhause ist fix und fertig eingerichtet, ich habe einfach keinen Platz für all das Zeugs und so eine Anfrage kostet sehr viel unbezahlte Zeit. Artikel aus dem Sortiment aussuchen, hübsch in Szene setzen, abfotografieren, einen Post daraus machen und je nachdem, den Artikel für die Verlosung fertigmachen und das Paket zur Post bringen. Den Leser freut’s natürlich, aber mehr als seine Reichweite damit möglicherweise zu vergrößern – mehr ist da nicht drin. Sorry!
Mittlerweile lehne ich diese Angebote ab und sage ganz klipp und klar „Meine Lieben, ich muss auch irgendwann mal ein Geld verdienen, wenn es ’seelected‘ noch länger geben soll. Es wird auch irgendwann Zeit, dass man für seine Leistung anständig bezahlt wird.“ Tja, für diese Art der Werbung, haben die Firmen noch kein Budget eingeplant, komisch eigentlich! Warum geht man ganz selbstverständlich davon aus, dass der Blogger nix verdienen muss? Wird das Bloggen doch nicht als Beruf ernstgenommen und man wird in die Ecke des verliebten Selbstdarstellers gedrängt? Es geht aber auch andersherum. Viele Firmen sind schon genervt, wenn man ums Eck kommt um entweder eine Kooperation oder einfach nur Pressematerial anzufragen. Zu viele klopfen da täglich an die Tür oder manche Marken möchten gar nicht so omnipräsent in den Medien sein. Das habe ich alles schon selbst erlebt.

Ganz ehrlich, ich habe in mein Herzensprojekt fast EUR 10.000 investiert, man glaubt es kaum, mein letztes Erspartes aus der Zeit, als ich noch keine Mami war und rein als Grafikerin gearbeitet habe. Jetzt ist der Sparstrumpf leer und hängt schlapp in der Ecke. Täglich bin ich in der Hoffnung, ob die Rechnung irgendwann aufgehen wird, dass meine mind. 30 Stunden-Woche entlohnt wird, meine Disziplin, die es täglich benötigt um so viel Arbeitszeit mit Kind und Familie unter einen Hut zu bringen. Ich liebe meinen neuen Beruf jeden Tag aufs Neue, ich bin so glücklich, dass ich diesen Weg gefunden habe, aber leicht ist es nicht. Die Motivation ist noch da um die nächsten Monate durchzuhalten. So haben mir andere erfolgreiche Blogger gesagt, dass es einfach 1,5 -2 Jahre dauert, bis das Ganze ins Rollen kommt. Ich gebe die Hoffnung nicht auf und kann es kaum glauben, dass ein Jahr mit so vielen tollen positiven wie auch negativen Erfahrungen schon vorüber ist. Was ich vermisse? Ganz klar: Das Arbeiten im Team und in der realen Welt! Auch wenn ich durch meine Arbeit unglaubliche viele sympathische Menschen rund um den Erdball kennenlerne, so sehr vermisse ich das persönliche Gespräch und das sich gegenseitige Reflektieren.

Vielleicht gibt es nun den einen oder anderen, der meine negativen Erfahrungen und Enttäuschungen mit dem Kommentar „Selber schuld!“ betiteln möchte, das ist auch ok. Vielleicht habe ich mir einfach zu viel erwartet oder ich bin schlichtweg nicht gut genug – auch das alles hat seine Berechtigung!

Wie dem auch sein, das Motto lautet „Nicht aufgeben“! Und Spaß habe ich noch allemal…